Unterstützte Kommunikation – Wie geht das?

30. September 2021

 

Stellen Sie sich vor, Sie könnten nicht sprechen und auch nicht so einfach schreiben. Weil Sie über Ihre Bewegungen keine richtige Kontrolle haben und weil Ihr Kopf nicht so will wie Sie. Obwohl Sie alles verstehen, was andere zu Ihnen sagen, ist es Ihnen nicht möglich, sich auszudrücken. Vor allem Menschen mit Autismus geht es so. Für diese Menschen wurde die sogenannte unterstützte Kommunikation entwickelt. Laura Wannowsky berichtet von ihren Erfahrungen damit.

 

Wie unterstützte Kommunikation geht

Die nichtsprechende Person deutet, an der Hand gestützt, auf Bilder und Buchstaben und die Helferin oder der Helfer, auch Stützerin oder Stützer genannt, schaut konzentriert zu und liest laut mit. Was auf den ersten Blick leicht und mühelos aussieht, steckt jedoch in Wahrheit voller harter Arbeit und sehr viel Übung für beide Personen.

 

Welche Mittel es dazu braucht

Von der einfachen Schreibtafel über einen Computer oder einen modernen Tablet-Computer mit Sprachausgabe und zahlreichen Apps bis hin zu der eher selten gestützten Handschrift – für jeden Schreibenden ist etwas dabei. Welche Items (Bilder, Symbole, Wörter und Buchstaben) verwendet werden, hängt individuell von der Situation, den Fähigkeiten und dem Bedürfnis der betroffenen Person ab. Am Anfang werden Buchstabenkenntnisse, Lese- und Zeigefähigkeit geprüft, indem mit dem Zeigen auf Gegenstände und Bilder begonnen wird.

 

Was macht die stützende Person genau?

Eine der Aufgaben der stützenden Person ist die körperliche Hilfe. Dadurch:

  • fördert sie die Eigenwahrnehmung der schreibenden Person
  • lenkt sie die Aufmerksamkeit (auch verbal)
  • erleichtert sie durch den Berührungsimpuls das Starten der schreibenden Person
  • bremst sie impulsive Bewegungen durch Gegendruck

Die allgemeinen motorischen Anforderungen werden so für die betroffene Person vereinfacht und ihr ein Mindestmaß an Steuerung und Kontrolle ermöglicht. Nicht zu unterschätzen ist die emotionale Stütze, der Person Mut zuzusprechen, zu Botschaften ermutigen und ihr fehlendes Selbstvertrauen, Unsicherheit und Ängstlichkeit zu nehmen. Wichtig ist, dass man unter keinen Umständen die Führung übernimmt oder die der schreibenden Person manipuliert. Weder durch die körperliche Handführung noch verbal durch überflüssige, kontrollierende Fragen.

 

So wenig wie möglich, so viel wie nötig

Das ist das Credo der stützenden Person: Für den Anfang setzt die stützende Person an der Hand an und arbeitet sich über Handgelenk, Schulter bis zu einem anderen Körperteil wie z. B. dem Bein oder dem Rücken. Das ideale Ziel wäre, dass die schreibende Person irgendwann keinen Berührungsimpuls bzw. keine Stütze mehr benötigt und selbstständig die Kommunikationstafel nutzt.

 

Was ist für die schreibende Person wichtig?

Die gestützte Person, braucht ein generelles Mitteilungsbedürfnis, Sprachverständnis, eine verinnerlichte Sprache, sowie einige manuelle Fähigkeiten. Die Akzeptanz der Kommunikationsart durch alle Beteiligten sowie deren Bereitschaft, sich mit dieser vertraut zu machen und sie konsequent anzuwenden, muss unbedingt vorhanden sein, damit es funktioniert.

 

Die Rolle tauschen

Stützerin Laura Wannowsky berichtet: „Bei der Einführung schlüpfte ich einmal in die Rolle der Gestützten und dann in die der Stützerin. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde mir deutlich, dass hinter dem ‚bloßen Tippen’ auf der Tafel ein komplexer Prozess steckt. Ich konnte erahnen, wie viel Konzentration der Betroffene für eine ‚einfache’ Handführung aufbringen muss, während tausend andere Reize, Eindrücke und Geräusche auf ihn einwirken. In meiner Vorstellung verglich ich das mit einem intensiven Blitzlichtgewitter von Paparazzi.”

Neben der Ausübung von genügend körperlichem Widerstand, dem zeitgleichen, lauten Mitlesen der Buchstaben und dem Merken des restlichen Satzes, ist die größte Schwierigkeit für die stützende Person, parallel zu einem möglichst freien Kopf eine immense Aufmerksamkeit zu erhalten.

Doch die Mühe lohnt sich in jedem Fall! Der Alltag erleichtert sich nicht nur für die betroffene Person selbst, sondern ebenso für seine unmittelbare Umgebung, da sie einen Einblick in ihr Innenleben erhält. Zudem lernt man, die Verhaltensweisen des autistischen Menschen mit ihren Ursachen und Gründen besser zu verstehen.

Laura Wannowsky, ehemalige Mitarbeiterin im Freiwilligen Sozialen Jahr

Gestützte Kommunikation