Verbraucherstreitbeilegungsgesetz

 

Zusätzliche Konfliktlösungsmöglichkeiten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz ab dem 01.04.2016 –
die Lebenshilfe Stuttgart e.V. informiert

1. Was ist das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) und für wen gilt es?
Seit 01.04.2016 ist das sogenannte Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in weiten Teilen in Kraft. Es regelt generell die Möglichkeit der außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten aus Verbraucherverträgen oder Streitigkeiten über das Bestehen solcher Vertragsverhältnisse.
Das VSBG basiert auf einer EU-Richtlinie über alternative Beilegung von verbraucherrechtlichen Streitigkeiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten.
Ein Verbrauchervertrag ist gemäß § 310 Abs. 3 BGB ein Vertrag zwischen einem Unternehmer (in unserem Fall: die Lebenshilfe Stuttgart e.V.; § 14 BGB) und einem Verbraucher (§ 13 BGB). Dazu gehören sowohl Kauf- als auch Dienstleistungsverträge, wie z. B. über ambulante Pflegeleistungen wie auch Verträge nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG).

 

2. Bedeutung für WBVG-Verträge
Im Zuge der Einführung des VSBG ist auch eine Änderung des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) erfolgt. Gemäß § 6 Abs. 3 Ziffer 4 WBVG-neu gehört zu den notwendigen Vertragsinhalten nunmehr auch die Information nach § 36 Abs. 1 VSBG. Demnach muss der Träger eines Wohn- und Betreuungsangebots im WBVG-Vertrag klar und verständlich erklären, ob er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Diese Verpflichtung gilt für alle ab dem 01.04.2016 geschlossenen WBVG-Verträge (§ 17 Abs. 3 WBVG-neu).

 

3. Allgemeine Informationspflicht
Über WBVG-Verträge hinaus gilt die Informationspflicht des § 36 VSBG für Unternehmer, die eine Webseite unterhalten oder AGBs verwenden. Mit diesem eigentlichen Inhalt tritt § 36 VSBG allerdings erst zum 01.02.2017 in Kraft. Dieser Informationsverpflichtung kommen wir hiermit und nachfolgend unter Punkt 10. gerne nach.

 

4. Bedeutung für ambulante Dienste
Die allgemeine Informationspflicht trifft somit auch ambulante Dienste, die eine Website unterhalten oder allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden. Sie müssen daher ab 01.02.2017 die Verbraucher nach § 36 VSBG leicht zugänglich, klar und verständlich informieren, ob sie bereit sind, an Streit-beilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Wenn eine Webseite unterhalten wird, muss die Information auf der Webseite erscheinen. Werden allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, muss sie zusammen mit diesen zur Kenntnis gegeben werden.

 

5. Ausnahme für kleine Betriebe
Ausgenommen von der allgemeinen Informationspflicht sind Betriebe, die am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Beschäftigte hatten. Maßgeblich ist insoweit die Kopfzahl an Beschäftigten. Unternehmer müssen also zu Beginn eines jeden Kalenderjahrs prüfen, ob sie nach der Beschäftigtenzahl am 31.12. zur Information nach § 36 VSBG verpflichtet sind.

 

6. Informationspflicht nach Entstehen der Streitigkeit
Über die vorherige generelle Information hinaus ist der Unternehmer nach § 37 VSBG nach Entstehen einer konkreten Streitigkeit verpflichtet, den Verbraucher auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen, wenn die Streitigkeit über den Verbrauchervertrag von Unternehmer und Verbraucher nicht beigelegt werden konnte.
Auch diese Verpflichtung gilt erst ab dem 01.02.2017. Dabei muss der Unternehmer wiederum angeben, ob er zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren bereit ist. Eine Ausnahme für kleine Betriebe gibt es dabei nicht. Der Hinweis muss in Textform gegeben werden.

 

7. Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Informationspflichten?
Die Information gemäß § 6 Abs. 3 Ziffer 4 WBVG gehört zum Mindestinhalt des Vertrages. Fehlt sie, führt dies jedoch nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages. Vielmehr stellt dies lediglich einen Schriftformmangel dar. Es ist rechtlich umstritten, ob dies nach § 6 Abs. 2 Satz 2 WBVG zur fristlosen Kündigung seitens des Verbrauchers berechtigen kann.
Darüber hinaus sind Schadensersatzansprüche des Verbrauchers möglich, sofern aufgrund der fehlenden oder fehlerhaften Information ein konkreter Schaden entstanden ist, was aber kaum praxisrelevant sein dürfte.

 

8. Welche Schlichtungsstellen gibt es für den sozialen Bereich?
Im Bereich der Behindertenhilfe und der Pflege gibt es aktuell (noch) keine speziellen Schlichtungsstellen. Zuständig ist daher die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle, die zum 1. April 2016 auf Grundlage des VSBG beim Zentrum für Schlichtung e. V. in Kehl errichtet wurde (www.verbraucher-schlichter.de).
Auf den Seiten der Verbraucherschlichtungsstelle stehen Informationen zu den Kosten (je nach Streitwert zwischen 50 € und 600 €) und dem Verfahren bereit. Die Kosten trägt immer der Unternehmer.

 

9. Was bringt ein Verbraucherschlichtungsverfahren im Bereich der Dienste und Einrichtungen?
Obwohl im Bereich der sozialen Dienste und Einrichtungen Verfahren zur Konfliktlösung, Beschwerdemanagement oder auch Aufsichten und Qualitätsprüfungen bestehen, stellt das Verbraucherschlichtungsverfahren ein ergänzendes Element dar, das in geeigneten Fällen möglicherweise hilfreich sein kann. Im Unterschied zu anderen Konfliktlösungsmechanismen oder auch zur Heimaufsicht bezieht sich das Verbraucherschlichtungsverfahren nur auf Streitigkeiten aus dem zivilrechtlichen Verbrauchervertrag.
Unternehmer sollten sich aufgrund der Kosten nicht generell zur Teilnahme an Verbraucherschlichtungsverfahren bereiterklären (§ 36 VSBG).
Kommt es aber zu einem Konflikt, muss der Unternehmer ohnehin erneut nach § 37 VSBG informieren und besteht dann immer noch die Möglichkeit, die vorhandenen Schlichtungsstellen im beiderseitigen Einverständnis zu nutzen. Dies sollte im konkreten Fall (beispielsweise einer nutzerseitig nicht akzeptierten Kündigung oder Entgelterhöhung) erwogen werden.

 

10. Erklärung der Lebenshilfe Stuttgart e.V. gemäß § 36 Abs. 1 VSBG
Im Sinne unserer Informationsverpflichtung gemäß § 36 Abs. 1 teilen wir, die Lebenshilfe Stuttgart e.V., mit, dass wir an vorgenanntem verbraucherschutzrechtlichen Streitbeilegungsverfahren (im Sinne von § 36 Abs. 1 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)) derzeit nicht teilnehmen, da eine fachspezifische Streitbelegungsstelle nicht existiert und eine gesetzliche Verpflichtung unsererseits nicht vorgesehen ist.
Davon unberührt ist die Möglichkeit der Streitbeilegung durch eine Verbraucherschlichtungsstelle im Rahmen einer konkreten Streitigkeit bei Zustimmung beider Vertragsparteien (§ 37 VSBG).“

 

11. Individuelle Beratung
Bitte beachten Sie, dass die vorliegenden allgemeinen Informationen eine individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin nicht ersetzen können.

 

12. Keine Gewähr
Diese Information wurde mit größter Sorgfalt erstellt. Dennoch können Irrtümer nicht ausgeschlossen werden. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts kann daher keine Gewähr übernommen werden; eine Haftung wird ausgeschlossen.

Kontakt

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